Bild: Universit?t Konstanz

Schutzraum für gef?hrdete Studierende

Studienbegleitendes Trainingsprogramm für Gef?rderte des Hilde Domin-Programms – ein Angebot des DAAD und der Universit?t Konstanz.

Die politischen Umbrüche unserer Zeit werden ganz wesentlich von jungen Menschen mitgetragen. In vielen autorit?ren L?ndern geraten Studierende immer st?rker in Gefahr: Sie sind Teil einer Generation, die sich politisch einsetzt. Sie sind gut informiert und vernetzt, h?ufig politisch engagiert und bereit, sich für ihre Ideale in Gefahr zu begeben. Sie sprechen Missst?nde offen an – und werden deshalb von autokratischen Machthabern verfolgt.

Das Hilde Domin-Programm bietet einen akademischen Schutzraum für Studierende und Promovierende in Gefahr, die zur Flucht gezwungen sind. Ab M?rz 2023 findet nun an der Universit?t Konstanz ein vierj?hriges begleitendes Trainingsprogramm für die rund 160 StipendiatInnen des Hilde Domin-Programms statt. Das Ziel: eine akademische Weiterbildung der Studierenden im Exil, damit sie eine zukünftige Rolle bei der Stabilisierung und dem Wiederaufbau ihres Landes spielen k?nnen. Zugleich vermittelt ihnen das Programm interkulturelle und integrative Kompetenzen, damit sie in Deutschland besser Fu? fassen k?nnen.

?Sie alle haben eine Fluchtgeschichte, viele aufgrund von politischem Aktivismus. Alle kamen unter Zeitdruck und Lebensgefahr nach Deutschland, v?llig unklar, wann sie wieder in Ihre Heimat zurückkehren k?nnen und ob sie ihre Familien je wiedersehen werden“, schildert Judith Beyer, Professorin für Politische Anthropologie an der Universit?t Konstanz. Gemeinsam mit Anke Hoeffler, Wolfgang Seibel und UIrich Wacker initiierte sie das Begleitprogramm in Kooperation mit dem Deutschen Akademischen Austauschdienst (DAAD) sowie dem Ausw?rtigen Amt.

?Die Universit?t Konstanz unterstützt mit diesem Programm Deutschlands Strategie der Wissenschaftsdiplomatie: Wissenschaft wird genutzt, um Menschen weltweit zusammenbringen und gemeinsam Innovationen für eine bessere Zukunft zu erarbeiten", verdeutlicht Anke Hoeffler, Professorin für Entwicklungspolitik an der Universit?t Konstanz.

Studienbegleitendes Trainingsprogramm
Das Trainingsprogramm bietet über vier Jahre hinweg eine studienbegleitende, gesellschaftswissenschaftliche Zusatzausbildung in Pr?senzphasen vor Ort in Konstanz sowie online. Themenbereiche sind unter anderem Demokratie, F?deralismus und Rechtstaatlichkeit, gesellschaftlicher Zusammenhalt und Interessensausgleich, aber auch der Klimawandel und die Auswirkungen des Anthropoz?ns. Ethnologische Fallstudien gehen auf die konkrete Situation in den Herkunftsl?ndern der Studierenden ein. Das Programm vereint sehr unterschiedliche fachliche Perspektiven, von der ?konomik über Rechts-, Politik- und Verwaltungswissenschaften bis zur Psychologie, politischen Anthropologie und Ethnologie.

Das Begleitprogramm zielt in gleichem Ma?e stets auch auf die F?rderung der pers?nlichen und interkulturellen Kompetenzen der Studierenden, zum Beispiel durch Führungskr?fte-Entwicklung, Team-Building, Networking und integrative Schlüsselkompetenzen für ihre Zeit in Deutschland.

?Das Hilde Domin–Programm setzt neue Standards für eine feministische Au?enwissenschaftspolitik, weil in dieser F?rderlinie nicht nur Frauen, sondern auch andere marginalisierte und diskriminierte Gruppen von Studierenden gef?rdert und – nicht zuletzt im Rahmen des Trainingsprogramms der Universit?t Konstanz – bef?higt werden, künftig Führungsverantwortung zu übernehmen“, sagt Christian Hülsh?rster, zust?ndiger Bereichsleiter beim DAAD in Bonn.

?Ein Programm mit Fingerspitzengefühl“
Eine Herausforderung des Begleitprogramms ist nicht nur die gro?e kulturelle und sprachliche Diversit?t des Teilnehmendenkreises. Viele von ihnen haben bei ihrer Flucht traumatische Erfahrungen gemacht. Die Organisator*innen des Trainingsprogramms sind sich dessen bewusst und haben die Lehrformate und Inhalte sensibel ausgew?hlt. So haben beispielsweise alle Dozierenden vorab die M?glichkeit einer Schulung in Psychotraumatologie. ?Es ist ein Programm mit Fingerspitzengefühl“, bekr?ftigt Wolfgang Seibel, Professor für Politik- und Verwaltungswissenschaft an der Universit?t Konstanz. ?Die Dozierenden sind mit Herzblut dabei.“

Vorerfahrungen aus ?Leadership for Syria“
Die Universit?t Konstanz konnte bei der Konzeption und Organisation auf Vorerfahrungen zurückgreifen: 2017 führte sie das gesellschaftspolitische Begleitprogramm zum DAAD-F?rderprogramm ?Leadership for Syria“ durch, welches für das heutige Konzept Pate stand. ?Wir haben die Struktur, die Personalkapazit?t und das Commitment. Wir mussten das Rad nicht neu erfinden“, schildert Wolfgang Seibel.

Eine Schlüsselrolle spielte bei beiden Formaten die Akademie für Wissenschaftliche Weiterbildung (AWW) der Universit?t Konstanz unter Leitung von Ulrich Wacker, die jeweils die Organisation und Logistik leistete und die virtuelle Lehr- und Lernumgebung bereitstellte und betreute. ?Als Universit?t haben wir konsequent ein Dienstleistungsmodell entwickelt, das besondere Weiterbildungsprogramme wie das Hilde Domin-Trainingsprogramm m?glich macht. Gerade solche Programme sind ein wichtiger Baustein mit Blick auf unsere gesellschaftspolitische Aufgabe als Universit?t in den Bereichen Wissenschaftliche Weiterbildung und Transfer“, so Ulrich Wacker.

Schutzprogramm für Wissenschaft und Freiheit
Au?enministerin Annalena Baerbock erkl?rte in ihrer Rede zur Ausw?rtigen Kultur- und Bildungspolitik vom 25. Januar 2023: ?Wenn wir die Freiheit von Kultur, Wissenschaft und Medien f?rdern, dann st?rken wir damit auch die Freiheit und die Sicherheit von Menschen. Deshalb haben wir mit Blick auf die heutige Lage Schutzprogramme wie das Hilde Domin-Programm, dessen erster Stipendiat Nickey Diamond aus Myanmar war, ausgebaut.“

?Genau da setzen wir an“, unterstreicht Judith Beyer. ?Das Hilde Domin-Programm bietet gef?hrdeten Studierenden einen akademischen Schutzraum, der ihnen erm?glicht, weiterhin aktivistisch t?tig zu sein. Mit unserem Trainingsprogramm m?chten wir diese Studierenden individuell st?rken, aber auch dafür ausbilden, dass sie eine Rolle für die Zukunft ihrer Heimat aufnehmen k?nnen.“

Faktenübersicht:

  • Vierj?hriges studienbegleitendes Trainingsprogramm für die rund 160 Stipendiat*innen des Hilde Domin-Programmes des DAAD und des Ausw?rtigen Amtes.
  • Organisiert und ausgeführt von der Universit?t Konstanz und ihrer Akademie für Wissenschaftliche Weiterbildung (AWW).
  • Start der ersten Pr?senzphase am 22. M?rz 2023.
  • Basierend auf dem Vorl?uferprogramm ?Leadership for Syria“ (2017).